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Projektkurs Reuchlin 2019 f. − Bericht Nr. I

Als im Herbst 2019 die sieben Mitglieder der Projektkursgruppe aus der Klasse 9a des Reuchlingymnasiums Pforzheim angeboten bekamen, ans Fach Latein angebunden in ein kulturgeschichtliches Thema einzusteigen, entschlossen sie sich sehr schnell und eindeutig für eine Materie aus dem Leben und Wirken unseres Namenspatrons Johannes Reuchlin.

In Abstimmung mit dem Reuchlinbeauftragten der Stadt Pforzheim Herrn Dr. Christoph Timm besorgte der kursleitende Lehrer Karl Boyé im Stadtarchiv eine Ablichtung des Widmungsbriefes zu Reuchlins Hebräischgrammatik De rudimentis hebraicis an seinen Bruder Dionysius, gedruckt im Jahre 1506, ergänzt durch kleine weitere lateinische Erklärungen aus dem Werk. Dessen Erscheinen wie auch das Eintreten Reuchlins für die Beschäftigung mit der Originalsprache des Alten Testaments − der sprachbegeisterte Weckruf der Humanisten lautete ja ad fontes, also zu den Quellen − stand gegen den Trend. Sein Plädoyer für den Erhalt der hebräischen Schriften löste im allgemeinen antijudaistischen Klima entsprechende Reflexe aus und trug Reuchlin eine bis zu seinem Lebensende währende Auseinandersetzung mit der Inquisition, insbesondere mit den Dominikanern, sowie mit der Kurie in Rom ein. 

Die Schülerinnen und Schüler der Projektgruppe haben daher mit der Übersetzung des Widmungsbriefes, in dem Reuchlin sich grundlegend erklärt, und den dazugehörigen hilfreichen Erläuterungen des Kontextes ein spannendes und bis heute aktuelles Thema zu bearbeiten. Nach der mit viel Lust und Freude angegangenen Übersetzung der in Gedichtform verfassten kurzen Lese- und Gebrauchsanleitung zum Buch (von hinten nach vorn zu blättern und in den hebräischen Teilen selbstverständlich von rechts nach links zu lesen) war die Gruppe sehr neugierig auf den Widmungsbrief selbst. 

Lust und Freude befeuern selbstverständlich auch weiterhin die Arbeit der Schülerinnen und Schüler am Text, der neben der eigentümlichen Zeichensetzung in den oft recht langen Sätzen auch mit seinen spätmittelalterlichen Kürzeln und anderen Eigenheiten im Drucktext nicht nur ein wenig die Arbeit der Renaissancehumanisten an den Urquellen auf seine Weise nacherleben lässt, sondern auch fruchtbare Debatten um die jeweils richtige Lesart auslöst, bis man sich für die in der Situation plausibelste entscheidet. Vorstrukturierende Aufbereitungen durch den Lehrer dienen gelegentlich als Stütze. Die erste Rohfassung schreiben die Schüler dann auf. Nach der Übersetzung längerer Passagen folgen daraufhin mehrere Durchgänge des Nachbearbeitens vor der Endfassung, deren Erstellung derzeit (Dezember 2019) noch lange nicht ansteht. 

Für gedeihliches und angeregtes Arbeiten brauchen die Reuchlinschüler natürlich die richtige Umgebung: Arbeitsplatz ist die Schulbibliothek mit einem großen Tisch und entsprechendem Ambiente. Unverzichtbare Accessoires sind große Wörterbücher und mehrere Regalmeter Reallexika, dazu ein Handapparat mit Büchern, Broschüren und Ordnern direkt zu Johannes Reuchlin und zum Humanismus, darunter auch ein Nachdruck eines Abkürzungsverzeichnisses für Druckwerke aus der Renaissance. Ebenfalls nicht wegzudenken sind viele Kannen feinen Darjeelings, den Lehrer Boyé neben seinen fachlichen Hinweisen stets vor- und nachkocht, wie auch ein nicht abreißender Nachschub   an Keksen, Kuchen und Salzgebäck.   

Wie sehr man mit solchen Projekten Schüler bei ihren Interessen abholen kann, zeigt sich möglicherweise daran, dass die Gruppe nicht in den regulären Unterrichtszeiten aus dem Klassenverband herausgelöst werden möchte, sondern sich in Ruhe und ohne regulären Unterricht nachholen zu müssen drei bis vier Unterrichtsstunden pro Woche trifft. Auch für die Herbstferien erreichte den Lehrer eine E-Mail mit der Nachfrage nach einem Treffen: An Allerheiligen saßen die Schüler viereinhalb Stunden bei Tee und Kuchen an der Textbearbeitung. 

Ein ausgewiesener Reuchlinkenner an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften besuchte am 12.12.2019 die Projektgruppe direkt am  Arbeitsplatz, um sich ein erstes Bild von der Arbeit der Projektgruppe zu machen: Dr. Matthias Dall'Asta, welcher auf der von 1994 bis 2007 in Pforzheim angesiedelten Reuchlin-Forschungsstelle gearbeitet hat und Mitherausgeber des 1999 bis 2012 erschienenen Briefwechsels Johannes Reuchlins ist. Vor dem Hintergrund seiner langjährigen Beschäftigung mit den Humanisten, zu denen neben Reuchlin auch dessen Großneffe Melanchthon zählt, konnte er den Schülern wertvolle weiterführende Hinweise geben. Herr Boyé hat sich mit ihm bereits mehrmals telefonisch beraten. 

Zur Beschäftigung mit Literatur der Renaissancehumanisten gehört auch die Gewinnung von Einblicken in die damalige Papierherstellung und das Druck- und Verlagswesen der Epoche. Hierzu gibt es Überlegungen zu einem Vortrag, angebahnt über den Verein der Freunde des Reuchlingymnasiums, sowie zu Besuchen von Archiven und Museen, zum Beispiel in Sélestat. 

Um den Reuchlingeburtstag 2020 herum (dokumentiertes Datum ist der 29. Januar) wird ein erster Werkstattbericht der Gruppe erscheinen, welcher auch der Reuchlingesellschaft präsentiert und dem Kulturamt der Stadt Pforzheim mit dessen Leiterin Frau Drescher sowie dem Reuchlinbeauftragten der Stadt Dr. Christoph Timm übermittelt werden wird. Im Laufe des Sommerhalbjahres wird voraussichtlich das Gesamtergebnis der Übersetzung mit Kontexterläuterungen vorgestellt werden können. Die Nachfahren der Familie Reuchlin werden ebenfalls davon unterrichtet werden; vielleicht werden sie sogar einen Besuch in Pforzheim vor der Verleihung des nächsten Reuchlinpreises im Jahre 2022 verwirklichen können. Als nächste Etappe steht dann die Übertragung eines bislang noch nicht ins Deutsche übersetzten Reuchlintextkorpus an: Der Anregungssammlung für gekonntes Predigen, lateinisch Liber congestorum de arte praedicandi, welche in ihren rhetorischen Empfehlungen nicht zuletzt an Cicero erinnert und damit wie so viele Schriften Johannes Reuchlins von der Begeisterung zeugt, die aus der Antike überlieferten geistigen Traditionen direkt aufzugreifen und weiterzuentwickeln. 

Die Schülerinnen und Schüler der Reuchlin-Projektgruppe 9a des Schuljahres 2019/2020: 

Julius Birk

Corinne Brassat

Luca Brunner

Maximilian Hammrich

Daniel Hutter 

Hanna Schuler 

Axelle Wille 

Begleitender Lateinlehrer und Kursleiter: Karl Boyé

 

Text: Karl Boyé 

Photo: Désirée Kirschler

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